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Geschichte des AMG

Der folgende Beitrag stammt aus einem Schülerprojekt "Schulgeschichte" und beleuchtet die noch kurze Historie unserer jungen Schule.


Gründung des AMG - Eine Schule muß her !!!

Das sagten sich auch die Stadtväter Wittens Anfang der 60er (nein, die Stadtväter waren vielleicht jünger), als die schon bestehenden Gymnasien (Schillerschule und heutiges Ruhr-Gymnasium) durch eine wachsende Schülermenge eine immer größer werdende Raumnot verzeichneten. Also beschloß man, ein drittes Gymnasium im Stadtteil Annen an der Immermannstraße hinter dem Bahnhof Annen-Nord zu errichten, um der großen Zahl der aus den Einzugsgebieten Annen, Stockum und Rüdinghausen stammenden Schüler einen kürzeren und einfacheren Schulweg zu bieten.

Untersuchungen des Schulverwaltungsamtes ergaben, daß "in der ostwärtigen Hälfte der Stadt (ostwärts der Linie Sonnenschein, Bahnlinie Witten-Ost, Annenstraße, Egge) so viele Schüler und Schülerinnen der beiden Gymnasien wohnten, daß man, wäre das dritte Gymnasium in Annen schon 1965 vorhanden gewesen, mit ihnen 18 Klassen (also zwei Züge) hätte errichten können" (aus einer Mitteilung für die Presse). Als sich jedoch Finanzierungsschwierigkeiten ergaben, wurde 1966 der Beschluß gefaßt, zuerst die Adolf-Reichwein-Realschule zu bauen. Das Ende des dritten Gymnasiums? Nein, denn für die Stadtväter stand fest, daß es am 1.8.1967 den Schulbetrieb aufnehmen solle - aber wo?.


Ein glücklicher Zufall sollte ihnen aus der Klemme helfen, da durch die Umwandlung der fünf Konfessions-Volksschulen Wittens das im Stadtzentrum gelegene Gebäude der Albert-Martmöller-Volksschule nicht mehr benötigt wurde. Also hielt das Gymnasium ebenfalls in der Innenstadt seinen Einzug, und der Unterricht wurde planmäßig am 1.August mit insgesamt 292 Schülern (135 Mädchen, 157 Jungen), die sich auf zwei neuaufgenommene Sexten und sechs von den anderen Schulen übernommene Klassen verteilten, begonnen. Diese Schule verdankte ihr Entstehen der "erfreulichen Bildungsexplosion ... an den weiterführenden Schulen ... im letzten Jahrzehnt", wie es der Oberbürgermeister Friedhelm Ottlinger anläßlich der Richtfeier am AMG formulierte.

Mit dem Gebäude der alten Volksschule wurde auch der Name übernommen. Das neue Gymnasium bekam den Namen "Städtisches Albert-Martmöller-Gymnasium Witten, neusprachliches und mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium für Jungen und Mädchen", mußte aber bis zur endgültigen Namengebung noch eine Zeitlang mit der provisorischen und sehr prosaischen Bezeichnung "3. Städt. Gymnasium für Jungen und Mädchen i.E." leben.

Unsere Schule war das erste Gymnasium mit Koedukation in Witten. Welchen Anklang die koedukative Erziehungsform in der Elternschaft fand, wird an der großen Zahl der Anmeldungen für das AMG deutlich. Im Schuljahr 1969/70 mußten etwa 60 für das AMG angemeldete Schüler an die beiden anderen Gymnasien überwiesen werden. Da auch im Schuljahr 1970/71 nicht alle Schüler am AMG aufgenommen werden konnten, beschwerten sich viele Eltern der abgewiesenen Schüler mündlich und schriftlich bei der Stadt Witten. Als Begründung gaben sie an, sie wünschten Koedukation, und es sei nicht rechtens, daß der Schulausschuß seinerzeit beschlossen habe, in das AMG sollten in erster Linie Kinder aus den östlichen Bereichen Wittens aufgenommen werden. Sie forderten mit Nachdruck, daß das neue Gymnasium Schülern aus allen Stadtteilen offenstehen solle. Ihre Forderung stieß auf taube Ohren. Der Schulausschuß stellte nämlich fest, daß seine damalige Entscheidung auch zu der Zeit noch Gültigkeit habe, da bei einem Anwachsen der Schülerzahlen der Wittener Gymnasien mit einer Verlegung des AMG in den Raum Annen zu rechnen sei.

Zwischen Jungen und Mädchen gab es an der neuen Schule nie ernsthafte Schwierigkeiten. Es zeigte sich schon bald, daß der Versuch, die Koedukation auch an einem Gymnasium einzuführen, voll gelungen war. So konnte das am AMG erprobte Modell einige Jahre später den anderen Wittener Gymnasien zum Vorbild dienen.

Unsere Schule trägt den Namen eines nicht nur in Witten tätigen und engagierten Politikers. Der 1876 geborene Bergmann Martmöller trat 1904 der Sozialdemokratischen Partei bei und war unter anderem als hauptamtlicher Bezirksleiter in Lünen und Siegen, sowie im Hauptvorstand der Gewerkschaft (ab 1919) und in der Bergarbeiterführung tätig, bis er 1933 verhaftet und aus allen Ämtern entlassen wurde. Nach dem Kriege konnte er jedoch seine politischen Tätigkeiten wieder aufnehmen. Von 1946 bis 1950 und 1952 bis zu seinem Tode am 27.12.1953 stand er als Oberbürgermeister an der Spitze unserer Stadt, und seine Art blieb vielen (Zitat aus dem Nachruf) "erdverwachsen wie eine knorrige, trotzige Eiche seines Westfalenlandes" in Erinnerung.

Nicht ganz so betagt wie eine alte Eiche, aber vielleicht genauso beständig (oder knorrig?) sind sicherlich auch die Lehrer der ersten Stunde, die bis heute durchgehalten haben (Herr Bechtel, Herr Hettesheimer, Herr Werr und Frau Brunow).

Die Schülerinnen und Schüler der ersten Jahre erinnern sich, wie wir bei den von uns durchgeführten Interviews erfuhren, gerne an ihre Schulzeit am AMG. Die von den anderen Schulen übernommenen und die am AMG neugebildeten Klassen wuchsen schnell zu einer harmonischen Schulgemeinschaft zusammen. Man fühlte sich in dem zunächst noch kleinen Schulgebäude ganz einfach wohl. Auch zahlenmäßig war die Schule überschaubar - jeder kannte jeden. Das galt für Schulleiter, Hausmeister, Lehrer und Schüler. So konnte sich zwischen den Schülern und den "jungen" Lehrern (Durchschnittsalter 33,5 Jahre - heute ca. 45 Jahre) eine Atmosphäre des Vertrauens entwickeln, die auch nicht getrübt wurde, wenn Probleme auftauchten. Erwähnt seien hier nur die endlosen Diskussionen über die von den ersten Oberstufenschülerinnen geforderte Raucherlaubnis und der Sitzstreik, mit dem die Freigabe des Lehrereingangs auch für Schüler erzwungen werden sollte.

Mag es auch sein, daß die Vergangenheit im Bewußtsein unserer Gesprächspartner manches verklärt hat. Als Fazit bleibt aber festzustellen, daß das AMG in den ersten Jahren seines Bestehens für Schüler und Lehrer noch eine "heile Welt" war.

Mit dem Schuljahr 1971/72 schlossen als erste Schüler des Albert-Martmöller-Gymnasiums 18 Mädchen ihre Schullaufbahn erfolgreich mit dem Abitur ab. Im darauffolgenden Schuljahr wurde dann in der 9. und 10. Jahrgangsstufe die differenzierte Mittelstufe mit dem Angebot eingeführt, die dritte Fremdsprache Französisch zu wählen oder die Kombination Mathematik / Sozialkunde; zusätzlich bestand ab nun für die Schüler der 7. Jahrgangsstufe die Möglichkeit, als zweite Fremdsprache zwischen Latein und Französisch zu entscheiden.

Mit Beginn des Schuljahres 1974/75 wurde die Reform der Oberstufe nach dem KMK-Modell im Rahmen der dritten Versuchsreihe eingeführt. Die bis dahin bestehende Gliederung in einen neusprachlichen und einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig wurde aufgegeben. Im Rahmen des neuen Modells sollten die Schülerinnen und Schüler nach Begabungen und Interessen ihre persönlichen Schwerpunkte individuell wählen können. In die zu diesem Zeitpunkt gebildete 11. Jahrgangsstufe wurden außer den Schülern der drei bisherigen Untersekunden erstmalig auch 45 Absolventen der Realschule, Hauptschule und Berufsfachschule aufgenommen. Mit 112 Schülern wuchs diese Jahrgangsstufe auf fünf Züge an. Mit dieser Schülerzahl wurde ein ausreichendes Differenzierungsangebot an Leistungskursen gewährleistet. Leistungskurse wurden eingerichtet in: Deutsch, Englisch (Aufbau), Französisch (Aufbau), Geschichte, Erdkunde, Mathematik, Physik, Chemie und Biologie.
Mit der Neuordnung wurde allerdings der alte Klassenverband, der den einzelnen Schülern eine gewisse Geborgenheit in der vertrauten Gruppe vermittelt hatte, aufgelöst. Nicht ohne Grund fürchtete man, daß die Zerstörung der bewährten Strukturen ins pädagogische Abseits führen könne. Zweifellos lief die Umstellung nicht ohne Probleme ab; heute müssen aber auch die Kritiker von damals zugeben, daß sich das neue System allen Unkenrufen zum Trotz weitgehend bewährt hat.

Die höhere Schülerzahl verschärfte in dramatischer Weise den Raummangel. Da der geplante Erweiterungsbau mit zehn Klassenräumen und zwei Fachunterrichtsräumen bis zum Beginn dieses Schuljahres nicht fertiggestellt werden konnte, mußten vier Klassen (die gesamte 6. Jahrgangsstufe) und im nächsten Jahr sogar acht Klassen (5. und 6. Jahrgangsstufe) in der Gerichtsschule untergebracht werden. Da die Schüler im Schuljahr 1974/75 bei der Leistungskurswahl die naturwissenschaftlichen Fächer bevorzugten, dies bei der Lehrerzuweisung aber nicht berücksichtigt wurde, wurde eine Kürzung der Wochenstundenzahl in den Grund- und Leistungskursen im naturwissenschaftlichen Bereich nötig. Für die folgenden Jahre mußte das Kursangebot in diesem Bereich daher eingeschränkt werden. Bedingt durch die Gründung eines vierten Wittener Gymnasiums in Herbede zum 1.8.1976, wurden mit dem Schuljahreswechsel zwei Klassen mit 62 Schülern an die neue Schule abgegeben. Die Raumsituation unserer Schule verbesserte sich außerdem zu Beginn dieses Schuljahres durch die Fertigstellung des Erweiterungsbaus mit acht großen und zwei mittleren Klassen sowie einem Fachraum für den naturwissenschaftlichen Unterricht der Unterstufe und einem Musikraum. Die ausgelagerten Klassen konnten nun aus der Gerichtsschule zurückkehren. Andererseits ergab sich durch die Vergrößerung der Sekundarstufe II und die erstmalige Einbeziehung aller drei Jahrgangsstufen in die Reform ein neues Raumproblem, das im Laufe des Schuljahres an Bedeutung zunahm. Da der Fachraumbedarf der Reformoberstufe weitgehend von dem Wahlverhalten der Schüler abhängt, zeigte sich hier ein unvorhergesehener Mangel, besonders in den Fächern Biologie und Erdkunde. Die fehlende Anpassung der Schulbaurichtlinien an die Erforderisse der Reformoberstufe wirkte sich sehr ungünstig aus. Klagen halfen nicht weiter; man mußte sich mit den mißlichen Verhältnissen abfinden. Man lernte es, sich mit dem Dauerproblem des Lehrer- und Raummangels zu arrangieren. Mangelverwaltung durch Improvisationsfähigkeit waren gefordert. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Trotz dieser Schwierigkeiten mauserte sich unsere Schule in den letzten 25 Jahren durch anhaltenden Schülerzustrom und ein wachsendes Lehrerkollegium zum größten Gymnasium Wittens und steht in dem Ruf, über ein gutes Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern (Ausnahmen gibt es natürlich immer) zu verfügen, was sich in der diesem Text zugrundeliegenden Projektarbeit wieder einmal bestätigt hat.

Für das Projekt "Schulgeschichte":
Sandra Höstermann, Patrick Schüttler